Ihr lieben, heute haben wir einen ganz besonders coolen Gastartikel für euch parat. Auf seinem Blog www.gedankenpalast.blog beschäftigt sich Stefan mit Methoden, um Wissen unterhaltsamer und effektiver auswendig zu lernen. In seinem Gastartikel zeigt er, wie ihr Vokabeln einfacher und erfolgreicher lernen könnt.
Hausaufgabe: Vokabeln lernen. Als ich noch zur Schule ging, war ich davon überzeugt, dass diese drei Worte das gleiche bedeuteten wie: Folter durch Langeweile. Dem muss aber nicht so sein, im Gegenteil: Je spaßiger und interessanter ihr das Auswendiglernen gestaltet, umso effektiver könnt ihr euch die Inhalte merken. Es ist für unser Gehirn deutlich schwieriger, sich etwas kurzes und langweiliges zu merken als etwas langes und interessantes. Beweis gefällig? Wie leicht fällt es euch, die folgenden zwei Punkte auswendig wiederzugeben?
- Die Zahlenkombination: 1173198954
- Die folgende Geschichte: Eine Fußballmannschaft unterbricht ihr Training, weil sich ihr ein einmaliges Spektakel offenbart: Schneewittchens sieben Zwerge bewaffnen sich mit Dreizäcken. „Warum?“, fragt ihr euch? Ganz einfach: Sie zerstören damit die Berliner Mauer! Nachdem sie das geschafft haben, klatschen sie sich mit Highfives ab. Nach der Siegesfeier fahren sie im Auto per Anhalter zurück ins Märchenland.
Kannst du dich noch an die achte Ziffer erinnern? Nein? Es war die 5. Weißt du stattdessen noch, wie die Zwerge gefeiert haben, nachdem sie die Berliner Mauer zu Fall gebracht haben? Genau! Sie klatschten sich mit Highfives ab.
Was lernen wir daraus?
Die Zahlenkombination besteht aus zehn Zeichen, unsere Geschichte aus 368. Trotzdem war die lange und interessante Information für unser Gehirn deutlich ansprechender und einfacher zu merken als die langweiligen Zahlen. Das können wir uns zunutze machen: Die Geschichte der Fußballmannschaft und der sieben Zwerge war eine Eselsbrücke, um uns die Zahlenkombination zu merken:
- Eine Fußballmannschaft besteht aus 11 Spielern
- Im Märchen sind es 7 Zwerge
- Der Dreizack hat (welch Überraschung!) 3 Zacken
- Die Berliner Mauer fiel im Jahr 1989
- Im Wort „Highfive“ steckt die 5
- Das Auto hat 4 Reifen
Wie hilfreich Eselsbrücken beim Lernen einer Sprache sind, hatte Barbara sehr schön schon in einem früheren Artikel verdeutlicht. Dem kann ich mich nur anschließen.
Was hat das mit dem Vokabellernen zu tun?
Das ist eine sehr berechtigte Frage. Die Antwort: sehr viel! Es gibt verschiedene Methoden, Vokabeln zu lernen. Barbara hat sechs gute Mittel in einem anderen Beitrag aufgelistet. In diese sechs Wege lässt sich noch die sogenannte Schlüsselwortmethode integrieren.
Was ist die Schlüsselwortmethode?
Die Schlüsselwortmethode macht sich unsere Beobachtung von oben zunutze: Sie wandelt die fremdsprachige Vokabel und ihre deutsche Übersetzung in ein gehirnfreundlicheres Bild. Das geschieht dadurch, dass ihr euch deutsche Wörter sucht, die gemeinsam so ähnlich klingen wie die zu lernende Vokabel. Das ist die eine Hälfte eures Bilds. Die zweite Hälfte ist die deutsche Übersetzung der Vokabel. Das klingt in der Theorie deutlich schwieriger, als es in der Praxis ist. Ich will euch das anhand eines englischen Beispiels verdeutlichen: Wir nehmen hierfür das Wort „culprit„, übersetzt heißt es: „Täter„. „Culprit“ klingt wie „Kalb“ und „ritt„. Unser Merkbild nach der Schlüsselwortmethode könnte also folgendermaßen aussehen: Der Täter entfernte sich vom Ort des Verbrechens, indem er auf einem Kalb ritt. „Schön und gut“, denkt ihr euch vermutlich. „Bei ‚culprit‚ war das einfach. Bei einer komplexeren Vokabel klappt das doch niemals!“ Doch, genau das tut es. Nehmen wir als zweites Beispiel „(to) flabbergast somebody„, zu Deutsch: „jemanden verblüffen„. Dazu fällt mir gemäß der Schlüsselwortmethode das folgende (nicht sehr anmutige, aber für unser Gehirn interessante) Bild ein: Als der fl-iegende S-abber auf dem Gast landete, hatte ihn das verdammt verblüfft. Wir haben die Vokabel also in mehrere deutsche Wörter zerlegt. Von den deutschen Wörtern haben wir teilweise nur einzelne Sounds übernommen. Nichtsdestoweniger dürfte sich euch die Vokabel aber ins Gehirn eingebrannt haben. Die Alliteration „verdammt verblüfft“ hilft, „verblüffen“ nicht mit „überraschen“ oder ähnlichen Wörtern zu verwechseln.
Funktioniert das auch mit koreanischen Vokabeln?
Selbstverständlich funktioniert das auch mit koreanischen Vokabeln. Als Beispiel hierfür habe ich zwei Vokabeln aus dem Film-Wortschatz genommen: „Horror“ (공포) und „Science-Fiction“ (공상 과학 소설). Die Aussprache von 공포 klingt ähnlich wie „gongpo„. In der Schlüsselwortmethode könnte unser Merkbild also folgendermaßen aussehen: Was für ein Horror! Aus meinem Gong wurde plötzlich ein Po! Bei 공상 과학 소설 ist unsere Kreativität deutlich mehr gefordert. Die Aussprache der Vokabel klingt ähnlich wie „gongsang gwahag soseol„. In der Schlüsselwortmethode hätten wir das folgende Bild: Im abgedrehtesten Science-Fiction-Film, den ich je gesehen habe, ist folgendes passiert: Ein Gong sang, bis plötzlich ein Frosch quakte, der er an einem Haken hing. So wurde in dem Science-Fiction-Film Öl gewonnen. Wie gesagt: Es war ein abgedrehter Film!
Der Schlüssel zum erfolgreichen Vokabellernen
Das klingt jetzt bestimmt extrem abgedroschen und klischeehaft, aber der Schlüssel zum erfolgreichen Vokabellernen besteht aus drei Aspekten:
- Wiederholung, Wiederholung, Wiederholung
- Motivation, um dranzubleiben
- Fantasie und Kreativität, um die Schlüsselwortmethode selbstständig anzuwenden
Die Schlüsselwortmethode und weitere Mnemo-Techniken
Und wie bei nahezu allem gilt: Übung macht den Meister. Anfangs mag es dir schwerfallen, die Verbindungen zu sehen. Je häufiger du aber solche Mnemo-Techniken anwendest, umso mehr geht es dir in Fleisch und Blut über. Ich vergleiche das gern mit dem Fahrradfahren: Als Kind erschien es mir viel leichter, einfach von A nach B zu laufen oder das Dreirad zu nehmen. Ein Fahrrad hingegen war in meinen Augen nahezu ein Verbrechen an jedweder Logik! Es ergab für mich gar keinen Sinn, dass ein Gefährt mit nur zwei Rädern fahren konnte. Das konnte doch gar nicht funktionieren! Hinzu kam noch folgendes: Wie man läuft, wusste ich schon. Wie man mit einem Fahrrad fährt, musste ich erst lernen. „Lohnt sich das überhaupt?“, fragte ich mich. Jahrzehnte später kann ich mit Gewissheit sagen: Ja, es hat sich gelohnt. Einmal gelernt, vergisst man es nie wieder. Wer weiß, wie die Technik des Radfahrens funktioniert, kann danach fleißig trainieren, um die Tour de France zu gewinnen. Dabei stählt er zwar seine Muskeln, verfeinert die Methode des einmal gelernten Radfahrens aber kaum noch.
Haargenauso verhält es sich mit Mnemo-Techniken: Anfangs erscheinen sie dir umständlich; ja, geradezu unlogisch! Lass dich trotzdem darauf ein. Ein Fahrrad fährt mit zwei Rädern sicher. Durch die Schlüsselwortmethode musst du zwar mehr Informationen pro Vokabel speichern, das gelingt dir aber dafür einfacher.
Wenn ihr extrem hart und fleißig trainiert, könnt ihr Gedächtnissportler werden. Und wenn nicht? Dann kommt ihr mit diesen einmal gelernten Techniken trotzdem schneller voran.
Auf meinem Blog beschäftige ich mich ausgiebig mit der praktischen Anwendung solcher Mnemo-Techniken: www.gedankenpalast.blog