Hapkido

Selbstverteidigung, made in Korea. Hapkido ist eine Kampfkunst, die hierzulande nach wie vor relativ unbekannt ist. Daher ist es gar nicht so leicht, in wenigen Worten zu erklären, was genau in dieser Stilrichtung trainiert wird… Fachbuchautor Konstantin Gil (seines Zeichens Taekwondo-Experte) hat Hapkido einmal eine große Ähnlichkeit mit dem in Deutschland als Polizei- und Dienstsport etablierten Ju Jutsu bescheinigt. Das stimmt natürlich – und kann dennoch der Bandbreite des Hapkido und seiner Entstehungsgeschichte nicht völlig gerecht werden:

Koreanisches Aikido?

Legenden behaupten, dass Vorläufer des Hapkido in Korea bereits vor Jahrtausenden trainiert wurden und vielleicht sogar, quasi als „Mutter“ aller Kampfkünste, andere Stilrichtungen inspiriert haben.

Jenseits dieser Mythen müssen wir jedoch erkennen, dass auch Hapkido als Kampfkunst relativ jung ist und, jedenfalls so, wie wir es heute trainieren, erst in der Moderne konzipiert wurde. Als Gründervater der Stilrichtung gilt Choi Yong-sul, der kurz vor dem Konflikt mit Japan das Licht der Welt erblickte und damit die Annektion seines Lande im Jahre 1910 hautnah miterlebt hat.

Dadurch wurde Choi noch als Knabe nach Japan verschleppt und soll, nach etlichen Irrungen und Wirrungen, in einen Tempel gelangt sein. Vermutlich ein Glücksfall für den Jungen, der hier zum ersten Mal die Welt der Kampfkünste kennengelernt hat.

Aufgrund seines Talents, brachte man den jungen Choi nämlich bald darauf zu Takeda Sōkaku, dem legendären Experten des Daitō-ryū Aiki-jūjutsu, der auch Ueshiba, den späteren Gründer des Aikido, geschult hat.

Bild von scott feldstein
Ein Meister, zwei berühmte Schüler:

Damit gehen Aikido und Hapkido auf gemeinsame Wurzeln zurück. Mehr noch: Viele argumentieren, Hapkido sei eine Mischung aus Aikido und Taekwondo. Tatsächlich entwickelte Choi Yong-sul nach seiner Rückkehr nach Korea seine eigene Kampfkunstinterpretation, bei der das Erlernte mit jenen rasanten Kicktechniken, wie sie im Taekwondo üblich sind, vermischt wurde.

Zeitweise nannte Choi seine neue Kampfkunst übrigens Ju-Kwon-Do, also die „weiche“ oder „nachgiebige Faustkampfkunst“, um so zu betonen, dass hier nicht Kraft gegen Kraft gesetzt wird. Erst später etablierte sich dann der Name Hapkido, der heute für eine Fülle von Systemen und Lehrmethoden benutzt wird. Darunter auch das Hankido, das, von seinen Bewegungsabläufen her, wahrscheinlich noch am ehesten die Verwandtschaft zum Aikido erahnen lässt.

Ueshibas friedfertige Kunst:

Tatsächlich ist es so, dass der Japaner Ueshiba Morihei aus seiner Kampfkunst im Laufe der Zeit sämtliche Schläge und Tritte verbannt hat, so dass der Gegner sehr „sanft“, durch Meid- und Ausweichbewegungen neutralisiert wird. Damit stellt Aikido quasi die entschärfte Variante des durchaus radikalen und geradlinigen Daitō-ryū Aiki-jūjutsu dar, während in den meisten Hapkido-Stilen nach wie vor auf Effektivität gesetzt wird.

Typisch sind allerdings auch hier Kreisbewegungen, die Angriffe ins Leere laufen lassen bzw. Hebel- und Wurftechniken erleichtern. Dabei nutzt Hapkido das gesamte technische Repertoire:

Eine sehr komplette Kampfkunst!

Trainiert werden Kicks und Schläge, aber auch Hebel-, Wurf- und Würgetechniken, so dass Hapkido gleichermaßen komplett wie komplex ist.

In den meisten Stilen wird auch der Umgang mit Stöcken unterschiedlicher Länge sowie Klingenwaffen (Messer und Schwert) geübt, da derartige Attacken heute leider häufiger vorkommen, als uns lieb ist.

Tatsächlich versteht sich Hapkido mehr als Selbstverteidigung denn Sport. So kommt es, dass auch der Schattenkampf, ein ästhetisches Spiel mit mehreren, imaginären Gegnern, von den meisten Hapkido-Lehrern verneint wird. Lediglich in einigen Stilen werden Hyongs und andere Formen gelaufen.

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Barfuß und mit bunten Gürteln:

Der so genannte Kyek-Pa (weitere, ähnlich lautende Schreibweisen sind bekannt und möglich), der Bruchtest, stellt dagegen auch in den meisten Hapkido-Stilen ein wichtiges Element dar: Dabei wird mit bloßen Fäusten oder nackten Füßen ein Holzbrett zerschmettert, um so die eigene Schlagkraft zu demonstrieren und / oder das Durchsetzungsvermögen zu trainieren.

Aufgrund der Vielzahl der Würfe und Bodentechniken, findet das Training meist in Räumlichkeiten statt, die mit Matten ausgelegt sind. Trainiert wird barfuß und in dem für Kampfsportarten üblichen Dobog, der im Japanischen übrigens Gi genannt wird. Allerdings ist die Hapkido-Uniform, im Gegensatz zum Taekwondo-Dobog oder dem hinlänglich bekannten weißen Karate-Gi, im Hapkido oftmals schwarz. Es gibt allerdings auch Hapkido-Verbände, bei denen schwarze Hosen oder Trainingsanzüge allein den Meistern vorbehalten bleiben, während die Uniformen der Schüler auch hier rein weiß sind.

Viele Verbände, ein Ziel?

Heute gibt es auch in Deutschland verschiedene Verbände, in denen Hapkido und dem Hapkido verwandte Stile trainiert werden. Ziel ist meist eine effektive Selbstverteidigung, ein Anliegen also, das über die oftmals rein sportlichen Zielsetzungen des Taekwondo hinausreicht.

Damit ist, um nochmal zum Beginn zurück zu kehren, die Ähnlichkeit mit dem europäischen Ju Jutsu unverkennbar. Schließlich liegt auch hier ein System vor, in dem das volle technische Repertoire ausgenutzt wird und in dem vor allem die Kampffähigkeit bzw. die Selbstverteidigungsfertigkeiten der Übenden im Vordergrund steht. Heute wird Hapkido daher in Korea, aber auch in den Staaten zur Ausbildung von Polizei- und Militäreinheiten genutzt.