Nicht nur China und die USA liefern sich derzeit einen erbitterten Handelsstreit, sondern auch die beiden ostasiatischen Staaten Japan und Südkorea sind derzeit in ernste Streitigkeiten miteinander verwickelt. Beide Länder haben sich aktuell gegenseitig von der sogenannten „Weißen Liste“ gestrichen, was zur Folge hat, dass die Vorzugsbehandlungen bei Handelsgeschäften wegfallen.
Was sind die Ursachen für den Streit?
Die Gründe dafür liegen viele Jahrzehnte zurück. In den Jahren von 1910 bis 1945 stand der südliche Teil der koreanischen Halbinsel unter japanischer Kolonialverwaltung. In dieser Zeit beschäftigten die großen japanischen Industrieunternehmen koreanische Zwangsarbeiter. Diese sollen nach dem Willen der südkoreanischen Regierung angemessen entschädigt werden. Die beiden japanischen Großkonzerne Nippon Steel und Mitsubishi Heavy Industries wurden 2018 vom Obersten Gerichtshof Südkoreas in Seoul dazu verurteilt, Entschädigungszahlungen an diese Zwangsarbeiter zu leisten.
Bereits 1991 ging der erste Fall vor ein japanisches Gericht, als ein ehemaliger koreanischer Zwangsarbeiter Klage gegen seinen ehemaligen „Arbeitgeber“, die Kawasaki Stahlhütte einreichte. Die Schilderungen aus dieser Zeit beschreiben Zwangsrekrutierungen, sowie körperliche und seelische Misshandlungen. Die Klage wurde seinerzeit ohne großes mediales Interesse abgewiesen. Erst das Gerichtsurteil vom Herbst 2018 brachte wieder Bewegung in diese Thematik.
Die Reaktion aus Tokio folgte umgehend. Die japanische Regierung zeigte kein Verständnis und wies die Forderungen als unbegründet ab. Diese seien bereits mit dem bilateralen Grundlagenvertrag von 1965 abgegolten. Südkorea erhielt damals Wirtschaftshilfe und vergünstigte Kredite in einem Umfang von 800 Millionen US-Dollar. Der Präsident Südkoreas Moon Jae-In verwies darauf, dass Einzelpersonen überhaupt nicht Bestandteil des Vertrages waren, sondern lediglich eine Übereinkunft zwischen zwei Staaten getroffen wurde. Koreanische Gerichte kündigten indes an, dass Vermögenswerte japanischer Unternehmen konfisziert werden sollen und aus diesem Topf die Ansprüche der Kläger befriedigt werden könnten.
Auswirkungen des Handelsstreits
Das Streichen von der Weißen Liste bedeutet zunächst, dass die Exporte in die beiden jeweiligen Staaten deutlich erschwert werden. Die Regularien dafür werden signifikant verschärft und etwaige Genehmigungsverfahren dürften sich erheblich verlängern. Beispielsweise unterliegen Hunderte als heikel eingestufte Produkte, die unter Umständen militärischen Zwecken dienen können, strengeren Exportkontrollen.
Ob der Handelsstreit tatsächlich ernsthaftere Auswirkungen auf die wirtschaftliche Situation der beiden Länder oder gar die globale Wirtschaft haben wird, ist unter Experten umstritten. Da jedoch die globale Wirtschaft ohnehin schon mit dem Handelskrieg zwischen China und den USA zu kämpfen hat, kommt dieser zusätzliche Streit zur Unzeit. In Südkorea setzte bereits eine Protestbewegung in der Bevölkerung ein, die den Boykott diverser japanischer Erzeugnisse zur Folge hat. So sank der Umsatz von japanischem Bier um mehr als 50 Prozent, und auch die Absatzzahlen für japanische Autos erfuhren im gleichen Zeitraum einen Rückgang von 20 bis 40 Prozent.