Für einen Koreaner ist es eigentlich die normalste Sache der Welt, sich die nun folgenden Dinge zu denken. Doch trotzdem hat man irgendwo ein komisches Gefühl, es einfach so aufzuzählen, weil man dann erst merkt, wie verrückt das eigentlich klingt. Die Rede ist vom Aberglaube, der tief in der Kultur des koreanischen Volkes verwurzelt ist. Alleine schon durch den Schamanismus, der nach wie vor den dort vorherrschenden Alltag bestimmt, sind viele dieser Punkte gar nicht weiter wegzudenken.
Mit eingeschaltetem Ventilator zu schlafen, kann den Tod bringen. Denn das Gerät würde einem den Sauerstoff stehlen. Genauso, wie die Zahl vier für das Ableben steht. Aus diesem Grund findet man in so gut wie keinem Aufzug den vierten Stock mit dieser angepriesen. Viel wahrscheinlicher ist es, die Zahlenreihenfolgen 1 – 2 – 3 – F – 5 – 6 – und so weiter zu sehen. „F“ steht hier für die englische Schreibweise der Zahl vier. Four. Bei dem 44. Stockwerk kann es daher sein, dass einfach FF anstatt der Zahl zu sehen ist.
Was sich nicht weiter kontrollieren lässt, macht einem Koreaner Angst. Daher schwingt jedes Mal ein mulmiges Gefühl mit, wenn es darum geht, über das Schicksal oder den gewichtigen Zufall nachzudenken. Aus diesem Grund gibt es viele Schamanen, die mit dem Wahrsagen Geld verdienen. Besonders vor einer Hochzeit werden diese oft aufgesucht, um einen Blick über das wartende Glück erhaschen zu können.
Namen werden nie mit roter Tinte geschrieben, denn das bringt Unglück und führt im schlimmsten Fall auch zum Tod. Wer sich traut, nachts zu pfeifen, ruft damit Geister und sogar Schlangen zu sich. Warum eigentlich genau diese beiden Arten von Wesen, weiß niemand mehr so wirklich. Selbst die älteste Generation nicht. Trotzdem hält sich das Gerücht unglaublich hartnäckig bis in den heutigen Alltag. Aber wo wir schon bei den Geistern sind: Es gibt einen eigenen Kalender, der gute und böse Tage markiert, was mögliche Begegnungen mit diesen betrifft. Da wir Koreaner daran glauben, dass Geister bei einem Umzug auch mit in die neue Behausung übersiedeln, gibt es so manche Umzugsunternehmen, die sich ganz penibel an den Kalender halten. An schlechten Tagen wird es so gut wie nur möglich vermieden, einen Umzug abzuhalten. Im Geschichtsunterricht wird an irgendeinem Punkt angedeutet, dass dies noch aus den heidnischen Tagen Koreas kommt. Selbst Konfuzius und Buddha glaubten an die guten und bösen Tage – und daran, dass die Geister immer unter uns sind und uns mit ihren Energien durchströmen.
Was man auch auf keinen Fall tun darf, ist nach dem Schneiden der Nägel – ganz egal, ob an den Händen oder Füßen – etwas davon übrig zu lassen, weil man es beim Wegwerfen übersehen hat. Der Aberglaube besagt, dass dann Mäuse kommen werden, diese fressen und sich dadurch in den Doppelgänger desjenigen verwandeln werden. Dass das nicht so hübsch ausgehen wird… naja. Erklärt sich wohl von selbst. Kurzgefasst: Sie stehlen die Seele von demjenigen.
Etwas, das nicht sofort jemanden umbringt: Schenkt man in Korea einer Person alte Schuhe, deutet man damit an, dass man sein Leben lang vor dieser wegrennen möchte. Eine sehr subtile und zugleich fiese Botschaft, nicht wahr? Weiter verbreitet ist allerdings die Version, dass das generelle Schenken von Schuhen Unglück bringt – und zwar sorgt es dafür, dass derjenige, dem man sie schenkt, einen verlassen wird. Aus Angst, dass sich das vielleicht doch eines Tages bewahrheitet, geben manche Personen dem Schenkenden ein wenig Geld dafür, um sie offiziell einfach sehr günstig bekommen zu haben.
Dass Seoul ein Ort mit wunderschönen Palästen ist und hier die alte Kultur sehr stark auf das Moderne trifft, dürfte mittlerweile jedem bekannt sein. Einer der Paläste ist der 경운궁Gyeongungung, der besser unter dem Namen 덕수궁 Deoksugung bekannt ist. Umzäunt von einer wuchtigen, aber wunderschönen Steinmauer, die viele Meter Länge zurücklegt, gibt es auch ihn betreffend einen gewissen Aberglauben. Besser gesagt bezieht sich der auf die Mauer selbst und den Pfad, den man zurücklegt, wenn man an dieser entlang schlendert. Geht man zusammen mit der Person, die man liebt und mit der man zusammen ist, diesen Weg entlang, so heißt es, dass man sich bald trennen würde. Warum das so ist, liegt am Gebäude, das am Ende davon liegt: Das Scheidungsgericht von Seoul.
Begegnet jemand einem Schmetterling oder einem artverwandten Tier, darf er sich nach einer Berührung auf keinen Fall in die Augen fassen, denn sonst könnte er blind davon werden. Obwohl man weiß, dass es rein biologisch zu keiner Krankheit kommen kann, wird einem dennoch mulmig dabei und man wascht sich schneller die Hände, als man denken kann. Unglück bringt es außerdem, wenn man einen Leichenwagen sieht. Das vermiest einem schnell den ganzen Tag…
Ein bisschen sehr verrückt ist dieser Aberglaube: Wer über sein Baby springt, verhindert, dass es weiterwächst. Wobei man sich ja schon fast fragt, wer überhaupt auf die Idee käme, über sein Kind zu hüpfen. Aber gut, was Kinder betrifft, gibt es ja ein paar ausgefuchste Sachen. So wird kleinen Kids zum Beispiel erzählt, dass sie sich nachts in die Hosen machen werden, wenn sie mit Feuer spielen. Auch eine Methode, um das zu verhindern. Ihr könnt euch vorstellen, wie betrogen man sich fühlt, wenn man als Erwachsener bemerkt, dass das eine Lüge war…
Was gibt es noch… Legt man sich nach dem Essen gleich ins Bett und schläft, verwandelt man sich in eine Kuh. Aber auch das wird eigentlich Kindern erzählt, damit sie eben dies nicht tun.
Zeit, zu den positiveren Aberglauben zu kommen, was meint ihr? Wer von Schweinen träumt, dem steht ein hoher Geldsegen bevor. Das klingt irgendwie wie ein Witz, aber eigentlich ist es ernst gemeint. Wir glauben an sowas. Genauso, wie es einer Person Glück bringt, wenn von deren Tod geträumt wird.
Was viele Personen aus dem Westen gar nicht wissen: In Korea wünscht man sich nicht etwas, wenn eine Sternschnuppe vorbeifliegt, sondern wenn der Vollmond am Nachthimmel zu sehen ist.
Setzt man sich hin und schüttelt dabei den Fuß, vertreibt man damit Unglück. Aber das macht heute kaum noch jemand, da es einfach idiotisch aussieht. Dafür soll es auch Glück bringen, ganz viel klebrige Süßigkeiten zu essen. Besonders vor den großen Prüfungen – dem Tag des Suneung – wird das oft fabriziert.
Wer sein Glück nicht verlieren möchte, darf keine Spiegel direkt gegenüber von Türen platzieren. Diese würden das Glück zurückwerfen, das mit der Person in den Raum kommt. Außerdem soll niemand am Neujahrstag seine Haare waschen, denn so würde man sein Glück von sich waschen.