Sind englische KPOP Songs nach wie vor KPOP? Eine Meinung dazu.

Seit mittlerweile über einem Jahrzehnt bezeichne ich mich als KPOP Fan und dementsprechend sind BTS nicht die erste KPOP Gruppe, bei der ich (vollständig) englische Releases miterlebe. Die Palette ist recht breit und geht von BIGBANG über die Wonder Girls bis hin zu Girls‘ Generation. Immer wieder haben es Labels und damit natürlich eben Bands versucht, auf dem internationalen Musikmarkt vorzustoßen. Mal recht erfolgreich, dann wieder nicht so erfolgreich.

Im Jahr 2011 haben BIGBANG bei den MTV Europe Music Awards sogar zwei Auszeichnungen geholt;

  • Bester weltweiter Act
  • und Bester Act aus Asien und dem Pazifik

Ob das mit den englischen Releases zu tun hat, bleibt fraglich, aber es war doch ein beachtlicher Meilenstein im KPOP.

Nur gibt es einfach Dinge und Situationen, die ihrer Zeit schlichtweg voraus sind (oder die andersherum auch zu spät dran ist). Könnte man ersteres auf KPOP ummünzen, dann ist es ganz klar BIGBANG. Sie haben so einige Meilensteine gesetzt, die dazu geführt haben, dass der Rest der Welt zumindest einen minimalen Einblick in die koreanische Musikbranche erhalten hat. Später geschah durch PSY ein weiterer großer Vorstoß und schließlich kam mit Gruppen wie BTS, EXO oder auch Monsta X eine gänzlich neue Ära. Hinzu kommt, dass sie durch Social Media und im Generellen das Internet mittlerweile eine ganz andere Bandbreite an möglicher Aufmerksamkeit genießen.

Noch nie war es für internationale KPOP Fans so einfach wie heutzutage, sich einem Fandom anschließen. Vor rund zehn Jahren hat man dazu noch die „Insiderseiten“ auf LiveJournal und Co. kennen müssen, hat sich extra einen Account bei me2day einrichten müssen und sich geärgert, dass Memberships im Fanclub oft lediglich für koreanische Staatsbürger möglich waren. Heute reicht im Grunde schon ein Account bei Twitter, YouTube oder einer anderen breit bekannten Social Media Plattform und man ist live dabei.

Selbstverständlich hat dies auch den Grund, dass umgekehrt die koreanische Musikbranche immer mehr die Relevanz davon erkannt hat. Wer auf dem internationalen Markt mitschwimmen will, muss eben auch international erreichbar sein.

Und da damit nun auch englische Releases immer wieder zum Thema werden, stirbt natürlich die Diskussion darüber nicht ab, ob englische Songs eigentlich noch KPOP sind.

KPOP ist nicht an ein Genre oder eine Sprache gebunden

Grundsätzlich steht „KPOP“ ja nicht für „korean pop music“, sondern für „korean popular music“, wo bereits die ersten groben Meinungsverschiedenheiten zu entstehen beginnen.

So ist als KPOP nicht nur zu definieren, was nach koreanischer Popmusik klingt, sondern im Grunde alles, was gerade so in Südkorea angesagt ist. Dazu zählen auch Musikrichtungen wie Rock, Rap, teils sogar Metal, Techno und dergleichen. Nur, dass gewisse Genres einfach nicht ganz so radiotauglich sind wie etwa ein klassischer Idol-Song.

Idols wiederum kann man ganz klar definieren. Das sind all jene Personen, die groß im Rampenlicht stehen und deren gesamte Produktion und Promotion darauf ausgelegt ist. In der Regel wird das begleitet von Fandomnamen, Fandomfarben und ganz vielen Inhalten auf Social Media, die es dem Fan ermöglichen sollen, nicht nur die Musik zu mögen, sondern sich auch dem Star dahinter näher zu sein. Durch diesen vielen Content wird das Gefühl vermittelt, man würde diejenigen persönlich kennen. So entsteht aber gleichzeitig auch eine problematische Fandomkultur, in der zumindest nationale Fans oft das Gefühl haben, sie würden die Stars in gewisser Weise besitzen.

Was macht einen Song also zu KPOP?

Grundsätzlich sind im Internet mehrere Definitionen davon verbreitet, was einen Song zu KPOP macht. Die wichtigsten davon sind:

  • Der Song wurde von jemandem gesungen, der koreanischer Abstammung ist.
  • Der Song wurde von jemandem veröffentlicht, der das klassische Trainee-Programm durchlaufen hat.
  • Der Song wird hauptsächlich in Koreanisch gesungen.
  • Die Hauptzielgruppe sind KPOP Fans.
  • Die KPOP Industrie profitiert von dem Song.

Und wie man es auch dreht und wendet, in zumindest zwei davon lässt sich jeder betreffende Song einsortieren – und dabei spielt es auch keine Rolle, ob er nun von einer koreanischen Gruppe stammt, die auf Japanisch oder Englisch singt, oder ob es sich um eine Gruppe mit internationalen Membern handelt, die sich an KPOP richten oder auch auf Koreanisch singen. Denn an dieser Stelle gehen wir direkt zu einer weiteren wichtigen Thematik in der Sache über.

Die Doppelmoral von vielen KPOP Fans

KAACHI will ein Großteil unserer Leser nicht auf ansoko lesen. In deren Augen besteht die Gruppe aus Koreaboos, genauso wie EXP Edition.

  • Beide Gruppen richten sich an KPOP Fans und machen diese damit zu ihrer Hauptzielgruppe.
  • Beide Gruppen haben zumindest zum Teil koreanische Lyrics.
  • KAACHI hat einen koreanischen Member.
  • EXP Edition wird von einem koreanischen Unternehmen produziert und hat auch in Korea ein Trainee-Programm durchgemacht. Sie haben zudem in koreanischen Musikshows promoted.

Am Ende kann es jeder für sich halten, wie derjenige möchte, aber es dürfte an der Stelle klar sein, warum wir über beide Gruppen berichten, wenn neue Releases rauskommen. Wer dazu nichts lesen möchte, muss die einzelnen Beiträge ja nicht anklicken.

Und selbst, wenn man KAACHI durch den Bezug zu Oli London (wenn auch über mehrere Ecken) als problematisch in dieser Hinsicht einstufen würde, rechtfertigt das keinesfalls die allgemeine Ablehnung, die EXP Edition aus der KPOP Fangemeinde aus allen Ecken erhalten.

BoA ist gleichermaßen JPOP & KPOP Star

Aber sie wurde auch von SM Entertainment systematisch zu einem JPOP Star aufgebaut. Sie war auch der erste koreanische Star, der in Japan seinen großen Durchbruch hatte – und sie lebte auch eine Zeit lang in Japan, anstatt sich dem typischen Idolleben hinzugeben.

Obwohl also durch ihre japanischen Releases das Label-Headquarter in Korea gewisserweise mitprofitiert, hat sie unmittelbar JPOP Fans als ihre Hauptzielgruppe angesprochen und ist daher je nach Release entweder als JPOP- oder KPOP-Star zu nennen.

Ihr Versuch, auf dem englischen Musikmarkt durchzubrechen, hat übrigens auch nichts mehr mit KPOP zu tun gehabt, da es im Ziel von gleichermaßen dem Label als auch der Künstlerin selbst war, international einzusteigen; unabhängig von KPOP. Es hätte eine neue Zielgruppe damit erschlossen werden sollen. Natürlich nahm man dabei die bisherigen Fans mit, aber man erhoffte sich gleichermaßen mehr Bekanntheit in der allgemeinen Musikbranche.

Anders verhält es sich bei Gruppen wie BIGBANG, BTS, Monsta X und dergleichen. Sie richten sich mit englischen Releases trotzdem an ihre eigentliche Zielgruppe, durchlaufen beim Release das klassische KPOP Konzept und veröffentlichen die Songs nicht mit dem Ziel, sich ausschließlich an den jeweiligen Musikmarkt zu richten. Sie wollen lediglich mehr internationale Aufmerksamkeit für die eigene Musik und haben zum Ziel, die dadurch gewonnenen Fans für ihren Kern (die koreanischen Releases) zu gewinnen.

Schon gewusst? BIGBANG haben ihren ersten Japan-Release Number 1 fast ausschließlich in Englisch aufgenommen.

Veröffentlicht wurde Number 1 damals noch immer durch YG Entertainment mit Headquarter in Seoul, in Zusammenarbeit mit Universal Music Japan, weil man für internationale Releases einfach einen Ansprechpartner „vor Ort“ braucht. YG Entertainment Japan wurde erst später gegründet, um sich den ganzen Prozess zu vereinfachen. Nicht anders sah es bei BoA aus, die ihre japanischen Releases immer unter Avex Trax herausgebracht hat. Der Distributeur gibt also keinerlei Hinweis darauf, ob man einen Release als KPOP klassifizieren sollte, oder nicht.

Man muss sich nur immer fragen, welches Ziel der Künstler dabei anstrebt.

Ist es das Ziel, sich weiträumig und vor allem ganz bewusst am nicht-koreanischen Musikmarkt zu etablieren und erfolgen koreanische Releases nicht nur dann, wenn die anderweitige Musikkarriere gerade nicht so gut wie immer läuft? Dann sind diese Releases kein KPOP, weil das auch nicht die Absicht dahinter wäre. Aus diesem Grund wäre BoA meiner Ansicht nach je nach Release entweder als KPOP- oder JPOP-Star einzuordnen. Ihre englischen Releases hat sie als internationale Popkünstlerin rausgebracht. Auch Hara war aus diesem Grund bis zu ihrem Tod meiner Ansicht nach ein JPOP Star, da sie sich bewusst nur an den japanischen Musikmarkt gerichtet hat und sie auch einen langen Zeitraum dort gelebt hat.

Ganz anders sehe ich das bei Künstlern, die nach wie vor ganz bewusst koreanische Musik veröffentlichen, weil es ihre Haupttätigkeit ist und die sich eben auch zeitweise mit japanischen und/oder englischen Releases bemerkbar machen. BIGBANG, Monsta X, BLACKPINK Member, FT Island, BTS – fügt hier alle beliebigen Namen ein. Wer nicht in Japan oder in den USA lebt und sich nicht ausschließlich an den dortigen Musikmarkt richtet, ist und bleibt KPOP. Ganz egal, in welcher Sprache er dabei seine Musik veröffentlicht.

Das wiederum bringt uns zu einem weiteren Punkt, den ich an der Stelle unbedingt ansprechen will.

KPOP hat nach wie vor mit Diskriminierung (& Rassismus!) zu kämpfen

Ist es nicht großartig, dass BTS als „biggest boyband in the world“ von zahlreichen internationalen Stars jedes Segments bezeichnet werden, sie mit einer breiten Palette an internationalen Künstlern zusammengearbeitet haben (wie im Übrigen auch einige andere KPOP Acts) und sie zahlreiche internationale Auszeichnungen erhalten haben… und dennoch müssen es englische Releases sein, damit sie für den Grammy nominiert werden können? Oder dass erst ihre englischen Releases (zumindest hierzulande) im Radio gespielt werden?

Man will ganz tief seufzen. Musik sollte über Sprachbarrieren hinaus gewachsen sein, aber immer wieder bekommen KPOP Fans ganz deutlich kommuniziert, dass das eben nicht der Fall ist. Alben von KPOP Stars kann man in Nischenläden, die sich auf japanische und koreanische Fanartikel von Animes bis Bands spezialisiert haben, schnell mal kaufen. Der Rest zieht nur nach, wenn eine entsprechende Nachfrage da ist und man dadurch auch entsprechend profitieren kann.

Ansonsten sind KPOP Stars in der Regel nur One-Way-Wonder, was für etliche Menschen beispielsweise auf PSY zutrifft. Dass dieser Mann eine unglaubliche Größe in Südkorea ist, weiß keiner, der nicht dazu bereit ist, über Gangnam Style hinwegzublicken und sich mal näher zu informieren. Für die meisten wird er derjenige bleiben, der den ulkigen Song mit dem Pferdesong rausgebracht und dabei ein paar YouTube Rekorde gebrochen hat.

BTS & die ewige „KPOP oder nicht“ Diskussion

Da ich auf dieses Thema gekommen bin, als ich Zeuge einer sehr emotionalen Diskussion über die neuesten BTS-Releases wurde, komme ich auf diese nun gezielt zu sprechen.

Durch Dynamite wurden sie erstmals für eine musikalische Leistung (und nicht ein Albencover) für einen Grammy nominiert. Für die Gruppe ist es ein absolutes Wunschziel, einen solchen zu erhalten. Mit Butter wird es ihnen aller Wahrscheinlichkeit nach ein weiteres Mal möglich sein, den Preis potenziell einzuheimsen.

Die englischen Releases haben ihnen definitiv zu mehr Aufmerksamkeit verholfen. Etliche Personen, die sie dadurch entdeckt haben, kennen nun ihre gesamte Diskografie und zählen sich mit Stolz zu den ARMYs. Am Ende des Tages bleiben BTS aber Künstler, die dem koreanischen Musikmarkt angehören. Sie leben dort, tragen maßgeblich zu der Branche bei und erfüllen auch sonst – bis auf den sprachlichen Faktor – alle zuvor genannten Punkte der Definition des KPOP.

Viel wichtiger wäre es in diesem Hinblick also, darüber nachzudenken, warum fremdsprachige Releases überhaupt eine solche Relevanz für gewisse KPOP Acts tragen – und welcher Rassismus mit dieser Notwendigkeit eigentlich verbunden ist.

Warum & wie wir auf ansoko in der Berichterstattung trennen

EXO-M waren ihrerzeit ja auch kein KPOP, denn EXO wurde ursprünglich bewusst so aufgebaut, dass die Gruppe gleichermaßen in Korea und China promoten könnte. Die Auftritte der EXO-M Member in Korea sollten nur dazu dienen, die energische Fangemeinde zu vergrößern. Hauptziel ist es trotzdem geblieben, getrennt voneinander zu promoten. Bis dann eben der Zusammenschluss erfolgt ist, weil drei chinesische Member die Gruppe verlassen haben.

Dennoch berichten wir darüber, was Lay denn aktuell so macht, da er nach wie vor Teil von EXO und damit Teil von KPOP ist. Deutschsprachige Fans, die dem KPOP Fandom angehören, sollen dennoch wissen, was er aktuell so tut und daher berichten wir auch über seine Non-KPOP Releases und laden Musikvideos dazu hoch. Anders verhält es sich mit den ehemaligen EXO-Membern, die ganz bewusst selbst nicht mehr dem KPOP angehören möchten. Hier distanzieren wir uns von der Berichterstattung, da sich ansoko ja im Grunde nur auf KPOP konzentriert und wir lediglich bei anderweitigen Aktivitäten von KPOP-Stars eine Ausnahme machen.

NiziU wiederum sind zwar oft auf internationalen KPOP-Seiten zugegen, wird aber auf ansoko nicht erwähnt, solange es keine Releases für den KPOP-Musikmarkt geben wird. Es bleibt für’s Erste eine JPOP Band, die zumindest bislang ausschließlich den japanischen Musikmarkt anspricht. Dass die Gruppe von JYP Entertainment produziert wird, ändert daran nichts.

Eine gewisse Trennung ist notwendig, denn sonst würde ansoko seinen Kernfokus auf Südkorea & KPOP nunmal verlieren. Das wollen wir nicht, das wollt ihr nicht und deshalb haben wir uns auch so entschieden. Möglicherweise wird es in Zukunft Ableger von ansoko geben, die sich dann auf Japan, Taiwan und andere asiatische Länder beziehen. Dann werden natürlich auch dementsprechende Künstler im Newsbereich berücksichtigt.